
Wer schrieb das Protokoll in einer Empfangskanzlei, wer schaute den Hauptfiguren kopfschüttelnd nach – bei gutem Benehmen am Set vielleicht sogar in Großaufnahme? Wer war Portier, Bürovorsteher und Notar? Paul Morgan – ein brillanter Vertreter des Nebenrollenfachs, der sich selbst eine das Publikum nicht, man halte »den Reifen, durch den der Star springt«. Morgan konnte ein »Lied vom Schmerz der Reifenhalter singen«, er war laut eigener Aussage »ein erstklassiger Im-Schatten-Steher, eine Nebbich-Prominenz!« Egal, wie klein oder groß die Rolle, Paul Morgan fiel immer auf »Filmwurzen« nannte. Als solche fessle man und blieb im Gedächtnis.
Ein »Stiefkind im Rampen- und Jupiterlicht« – Die »Filmwurzen« Paul Morgan
Am 1.10.1886 wurde Georg Paul Morgenstern, der später unter dem Namen Paul Morgan berühmt werden sollte, im ersten Wiener Gemeindebezirk geboren. Seinem Vater, dem erfolgreichen und berühmten Anwalt Gustav Morgenstern war daran gelegen, dass Paul seinem Vorbild folgte und eine Karriere als Jurist antrat. Der Sohn hatte aber nur das Theater im Sinn und strebte danach, Schauspieler zu werden. Trotz Bedenken seines Vaters absolvierte er seine Ausbildung am Konservatorium für Musik und darstellende Kunst der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien.
1908 wurde Morgan von Josef Jarno an das Theater in der Josefstadt verpflichtet. Er arbeitete an verschiedenen Wiener Bühnen und in der Provinz, überall wurde er rasch zum Publikums- liebling. Es wundert somit nicht, dass 1913 auch die österreichische Filmbranche auf ihn aufmerksam wurde, er verfasste sein erstes Drehbuch DIE FEUERPROBE für Sascha Kolowrat, ab 1915 war er eine fixe Branchen-Konstante. Nachdem es Morgan 1918 nach Berlin verschlug, konnte er auch dort seine Bühnen- und Filmkarriere erfolgreich fortsetzen. Er arbeitete an diversen deutschen Theatern und u. a. in der Schweiz, in der Tschechoslowakei, in Ungarn und in den USA, wo die MGM ihn unter Vertrag nahm. (Den in den USA entstandenen Film WIR SCHALTEN UM AUF HOLLYWOOD zeigen wir im Rahmen der Reihe Faszination Filmarchivierung)
Paul Morgan arbeitete gefühlt rund um die Uhr mit den berühmtesten Kulturschaffenden. Sein Einfluss auf die Theater-, Film- und Kabarettbranche in Österreich und Deutschland war über Jahre hinweg immens. Seine Filmografie umfasst mehr als 160 Titel, und er wirkte in noch weit mehr Theater- und Kabarettvorstellungen mit. Er schrieb Bücher, Zeitungsartikel und Stücke. Er war immer bereit, sich bei Wohltätigkeitsveranstaltungen für andere einzusetzen, war eine wohlbekannte Konstante im Rundfunk, und seine Stimme wurde auf zahlreichen Schallplatten festgehalten.
Die Nationalsozialisten bereiteten seiner Karriere und seinem Leben ein jähes Ende. Nachdem er 1933 aus seiner Wahlheimat Berlin zurück in seine Geburtsstadt Wien floh, wurde die Zahl der Engagements geringer. Wenige Tage nach dem »Anschluss« wurde Paul Morgan 1938 verhaftet, erst im Polizeigefängnis an der Roßauer Lände, später im KZ Dachau, dann im KZ Buchenwald interniert. In Buchenwald wurde er am 10.12.1938 ermordet.
Das Œuvre des Kabarettisten, Schauspielers und Autors Paul Morgan ist erstaunlich. Mit dieser Retrospektive soll ein kleiner Ausschnitt seines filmischen Schaffens gezeigt und sein Andenken bewahrt werden.
(Kristina Höch)
»Ein liebenswerter Mensch mit unendlichem Humor, der aus ihm unversiegbar quillt.« (Karl Wilczynski)




















