
Die Wien-Film am Rosenhügel 1950–1955
Eines der bestgehüteten Geheimnisse der österreichischen Kinogeschichte sind mit Sicherheit jene Filme, die zwischen 1950 und 1955 in den sowjetisch besetzten Rosenhügelstudios entstanden sind. Dort wollte man Filme drehen, die fortschrittliche Ideen im Gewand traditioneller Revuen transportieren – ein Vorhaben, das trotz zum Teil immenser Budgets nicht immer aufging.
Wie das heimische Kino der 1950er-Jahre insgesamt, gerieten auch diese Produktionen mit der Zeit in Vergessenheit. Nun aber kehren diese Raritäten – teils restauriert, teils in wunderbar erhaltenen Agfacolor-Kopien – zurück auf die Leinwand des METRO Kinokulturhauses.
Utopie und Wirklichkeit
Vor etwas mehr als 100 Jahren, in einer Zeit, in der das Kino einen regelrechten Boom erlebte, wurden im Süden Wiens die Rosenhügel-Studios errichtet. Die Ausgangslage schien günstig, doch kaum waren sie fertiggestellt, geriet der europäische Filmmarkt – auch durch den Einfluss amerikanischer Produktionen – in eine Krise. Kaum in Betrieb, standen die Arbeiten schon wieder still.
Mit Einführung des Tonfilms wurde ab Anfang der 1930er-Jahre erneut gedreht. Nun entstanden die ersten unbestrittenen Klassiker des Wiener Films mit Größen wie Paula Wessely, Hans Moser oder Willi Forst. Den Filmen, die zwischen 1938 und 1945 unter der Flagge der Wien-Film produziert wurden, haben wir bereits im März dieses Jahres eine ausführliche Filmschau gewidmet.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fiel der Studiokomplex an die sowjetischen Besatzer. In Liesings »Klein-Hollywood« ließ Stalin unter dem Namen »Wien-Film am Rosenhügel« zwischen 1950 und 1955 rund 20 Unterhaltungsfilme produzieren.
Die Wiederaufnahme der Produktion in den Hallen und im Freiatelier bedeutete vor allem eines: Hunderte Angehörige der österreichischen Filmindustrie fanden wieder Arbeit. Entstanden sind vor allem eskapistische Revue- und Operettenfilme – meist Neuverfilmungen populärer Stoffe der 1930er-Jahre, die dem Publikum die lang ersehnte Ablenkung vom harten Nachkriegsalltag bieten sollten.
Das Dilemma, in dem sich viele dieser Filme befanden, zeigt sich exemplarisch in der Prämisse von DAS KIND DER DONAU – dem ersten österreichischen Farbspielfilm. Eine junge Künstler:innentruppe träumt darin von neuen Ausdrucksformen, fällt am Ende jedoch in altbewährte Muster zurück. Nicht umsonst haftet diesen Filmen stets etwas Theatralisches an – ein Erbe, das ihnen schon allein durch ihre Bühnenvorlagen eingeschrieben ist.
Aldo Vergano und Alberto Cavalcanti – kommunistische Filmemacher aus dem Ausland – bildeten mit SCHICKSAL AM LENKRAD und HERR PUNTILA UND SEIN KNECHT MATTI eine seltene Ausnahme. Ihre Werke mit zeitgenössischen und teils sozialkritischen Inhalten standen im Kontrast zum Rest der Produktionen. Zwar thematisierten viele Filme das Leben der »einfachen Leute« und deren Zusammenhalt gegen »die Mächtigen« (sprich: die Besitzenden), doch gelang es ihnen kaum, sich wirklich vom obrigkeitshörigen Denken zu befreien.
Gerade diese Widersprüche, dieses Scheitern der Utopie an der Realität, machen die Filme der »roten Traumfabrik« bis heute interessant.
Zeitsprung in die Gegenwart: Vom Glanz der alten Ära ist kaum etwas geblieben. Seit 2014 gilt das Areal als Stadtentwicklungsgebiet. Bis auf einige denkmalgeschützte Teile wurden die alten Hallen großteils abgerissen und durch Wohnbauten ersetzt – während Wien sich in den letzten Jahren wieder als internationale Filmstadt profiliert hat. Ein Ruf, der erneut auf dem Spiel steht – wenn auch aus anderen Gründen als vor 100 Jahren …


















