Mit Audrey Hepburn erscheint in den 1950er-Jahren ein neuer Typ Frau auf der Leinwand: anmutig und zerbrechlich auf der einen Seite, eigenständig und modern auf der anderen. Hinter ihrer eleganten Fassade als Sabrina oder Holly Golightly steht eine Frau, die von den Hungerjahren während des Kriegs in Europa geprägt ist, lebenslang Unsicherheiten und Ängste in sich trägt und die Abgeschiedenheit der Schweizer Alpen der Glitzerwelt Hollywoods vorzieht. Eine Frau voller Widersprüche – die ihre wahre Berufung wohl erst in ihrer Rolle als UNICEF-Botschafterin gefunden hat: nicht als Star, sondern als Mensch.
»Eleganz ist die einzige Schönheit, die nie verblasst.«
Audrey Hepburn
Leinwand – Legende – Leben
Als Audrey Hepburn 1953 in ROMAN HOLIDAY mit kurzem Haarschnitt und scheuem Lächeln durch Rom fährt, verändert sich das Bild der Frau im Kino. Nicht länger die glamouröse Diva, sondern eine junge Frau mit Haltung, Witz und Verletzlichkeit steht im Zentrum – modern, unabhängig, unprätentiös. Es ist der Beginn einer Karriere, die zur Legende wird, und einer Ikone, die stets mehr Mensch als Mythos bleiben wollte.
Geboren 1929 in Brüssel, wächst Hepburn in England und den Niederlanden auf. Die Jahre der deutschen Besatzung prägen sie tief – Hunger, Angst, Verlust. Der Traum von der Karriere als Ballerina erfüllt sich nicht – die Mangelernährung während des Kriegs beeinträchtigte ihr Muskelwachstum. Über kleine Rollen am Theater kommt sie nach London, erste kurze Filmauftritte folgen. Ihr zartes Äußeres täuscht: Hepburn ist diszipliniert, zielstrebig, hart arbeitend. Als Hollywood-Altmeister William Wyler sie entdeckt, steht sie am Beginn einer neuen Ära. Der Film bringt ihr den Oscar – und Hollywood eine neue Definition von Weiblichkeit: elegant, aber nicht distanziert; schön, aber natürlich; charmant, aber eigenständig.
In Filmen wie SABRINA, FUNNY FACE oder BREAKFAST AT TIFFANY’S spielt sie Frauen, die sich zwischen Konvention und Selbstbestimmung bewegen – stets mit einem feinen Gespür für Zwischentöne. Ihr Stil, geprägt vom Pariser Modedesigner Hubert de Givenchy, wird zur Blaupause weiblicher Eleganz, doch hinter der Perfektion steckt eine leise Melancholie. Hepburns Figuren sind selten makellos: sie suchen nach Zugehörigkeit, nach Sinn, nach Liebe in einer Welt, die von Männern erzählt wird – gerade darin liegt ihre Modernität. Während Hollywood sie zur Ikone erhebt, zieht sich die Schauspielerin immer häufiger zurück. In den 1970er-Jahren steht sie kaum noch vor der Kamera, widmet sich ihrer Familie – und später der Arbeit für UNICEF. Als Sonderbotschafterin reist sie nach Afrika, Asien, Lateinamerika. In den Gesichtern der Kinder, sagt sie, sehe sie sich selbst. Für Hepburn ist das kein Bruch, sondern eine Fortsetzung ihres Lebenswerks: die Suche nach Menschlichkeit jenseits des schönen Scheins.
1993 stirbt sie mit nicht einmal 64 Jahren an Krebs. Ihr Mythos lebt seitdem ungebrochen weiter: Eine Frau, die zwischen Leinwandglanz und Lebensrealität balancierte – nie ganz erreichbar, nie ganz fern. Audrey Hepburn war ein Star, der die Mechanismen des Ruhms verstand, aber sich ihnen nie ganz ergab. Sie war das Ideal einer Zeit – und ihr stiller Widerspruch.