Zeitzeuge und Jahrhundertfilmer
Mit großer Betroffenheit und Trauer nehmen wir Abschied von Georg Stefan Troller, der am 27. September 2025 in Paris im Alter von 103 Jahren verstarb.
Geboren am 10. Dezember 1921 in Wien, floh Troller als Jugendlicher vor dem NS-Regime, zunächst nach Frankreich und 1941 weiter in die USA. Dort diente er im Zweiten Weltkrieg in der US-Armee und war an der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau beteiligt. Nach Kriegsende studierte er Theaterwissenschaft und Literatur, und 1949 führte ihn ein Fulbright-Stipendium nach Paris.
In Paris begann seine Karriere als Kulturkorrespondent, bald folgte das Fernsehen. Mit dem Pariser Journal(ab 1962) und später der Reihe Personenbeschreibung (1972–1993) prägte er das deutschsprachige Fernsehinterview. Seine Porträts reichten von Persönlichkeiten aus Film, Kunst und Sport bis hin zu Außenseitern – stets mit einer unverwechselbaren Mischung aus Empathie und kritischer Direktheit. Sein Lebensweg – von Flucht und Exil über die Erfahrung des Zeitzeugen bis hin zu einer einzigartigen Interviewkunst – spiegelt die großen Brüche und Fragen des 20. Jahrhunderts wider.
Das Filmarchiv Austria stand mehrfach mit Georg Stefan Troller in enger Verbindung: 2017 widmeten wir ihm im eine erste Retrospektive, bei der er persönlich anwesend war. Zwei Jahre später kehrte er zur Präsentation seines Buches Liebe, Lust und Abenteuer: 97 Begegnungen meines Lebens im Rahmen der Wiedereröffnung der Satyr Filmwelt ins METRO Kinokulturhaus zurück. Anlässlich seines 100. Geburtstags folgten eine Online-Retrospektive sowie die erste umfangreiche DVD-Edition seiner Werke. Das Filmarchiv Austria hat die Filmbibliothek von Georg Stefan Troller übernommen und wird diese im Lauf der nächsten Jahre öffentlich zugänglich machen.
In großer Dankbarkeit erinnern wir uns an die spannenden Projekte und außergewöhnlichen Begegnungen mit diesem faszinierenden Zeitzeugen und Jahrhundertfilmer.

Georg Stefan Troller im METRO Kinokulturhaus, 2019
Foto: Severin Dostal/Filmarchiv Austria