Retrospective
 

Wohlbrück & Walbrook

Schauspieler, Gentleman, Emigrant

11.11.–1.12.2021

Dates

Keine aktuellen Termine vorhanden

Der in Wien geborene Schauspieler Adolf Wohlbrück galt einst als »schönster Mann des deutschen Films«. Niemand wusste sich einen weißen Seidenschal so elegant umzuwerfen, die ihn umschwärmenden Frauen so eiskalt abblitzen zu lassen. Dabei lässt sich schon etwas von den Abgründen erahnen, die er erst später im britischen Kino unter seinem Exilnamen Anton Walbrook voll ausspielen durfte, bevor er in der Nachkriegszeit endlich in jene Rollen »mit grauen Schläfen« hineingealtert war, die er schon in jungen Jahren herbeigesehnt hatte. Mit der vorliegenden Hommage möchten wir diesen Gentleman-Schauspieler würdigen, dessen Geburtstag sich im November zum 125. Mal jährt – einen Meister der Eleganz und Zurückhaltung, vor dessen Charme bis heute niemand sicher ist.

 

Begleitend zu der von Frederik Lang, Brigitte Mayr und Michael Omasta kuratierten Retrospektive ist bei SYNEMA die gleichnamige Publikation »Wohlbrück & Walbrook« erschienen.


Wohlbrück & Walbrook

Retrospektive vom 11. November bis 1. Dezember 2021

Kurator_Innen

Frederik Lang, Brigitte Mayr und Michael Omasta

Ticketreservierung

reservierung@filmarchiv.at
+43 1 512 18 03 (täglich 14:00–21:00)

Spielort

METRO Kinokulturhaus
Johannesgasse 4, 1010 Wien
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Covid-19

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Adolf Wohlbrück wird am 19.11.1896 in Wien in eine aus Preußen stammende Familie mit jahrhundertealter Schauspiel- und Zirkustradition hineingeboren. Seine ersten Theatererfahrungen macht er 1915 unter Max Reinhardt, in den 1920er-Jahren brilliert er an den Bühnen von München, Dresden und Berlin. Der Stummfilm ist trotz einiger Nebenrollen nicht sein Metier, zum Hauptdarsteller und Star wird er erst im Weimarer Tonfilm. Und er bleibt dies im nationalsozialistischen Kino – trotz seines unvollständig eingereichten »Ariernachweises« (nach NS-Gesetzgebung galt Wohlbrück mindestens als »Vierteljude«) und seiner in Filmkreisen bekannten Homosexualität.

 

Wohlbrück glänzt Mitte der 1930er-Jahre in Liebeskomödien und Krimis, später auch in Abenteuer- und Actionfilmen. Seine Paraderollen sind aber von Anfang an die eleganten und unterkühlten Liebhaber, die oft einem aristokratischen Milieu entstammen. 1933 spielt er in der Travestiekomödie VIKTOR UND VIKTORIA »Londons berühmtesten Frauenkenner«, ein Jahr später den Rechtsanwalt Brent in DIE ENGLISCHE HEIRAT. Es sind Rollen, die aus heutiger Sicht Wohlbrücks zweite Karriere in Großbritannien erahnen lassen. 1937 geht er nach London, nennt sich Anton Walbrook und startet – was in jener Zeit nur wenigen emigrierten Schauspielern gelingt – eine internationale Karriere. Fortan diversifiziert sich sein Rollenspektrum, die Figuren werden abgründiger, und in der Zusammenarbeit mit Michael Powell und dem ebenfalls exilierten Emmerich Pressburger entstehen denkwürdige Meisterwerke des britischen Kinos wie THE LIFE AND DEATH OF COLONEL BLIMP (1943) oder THE RED SHOES (1948).

 

Im europäischen Kino der Nachkriegszeit verkörpert Walbrook oftmals elegante, undurchsichtige Gentlemen, Adlige und Würdenträger. Allerdings ist er nur noch selten im Kino zu erleben, sondern spielt ab Anfang der 1950er-Jahre vor allem Theater. Beinahe wäre er, als er 1967 während einer Vorstellung in München auf der Bühne zusammenbricht, einen jener Tode gestorben, die für viele Schauspieler Traum und Albtraum zugleich sind. Wohlbrück erholt sich nicht mehr. Kurze Zeit später, am 9. August 1967, stirbt er am Starnberger See. (Frederik Lang/Brigitte Mayr/Michael Omasta)

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»Was mich reizte, war die Grausamkeit und Schönheit seiner Rolle, besonders die Szene, in der er voller Selbsthass den Spiegel zerstört.«

Martin Scorsese über Wohlbrück in THE RED SHOES

Alle Filme der Retrospektive
Wohlbrück & Walbrook

»Der Mann ist so unglaublich niederträchtig, nicht einmal Shakespeare hat auch nur halb so schreckliche Figuren erfunden. Ich dachte also, was für eine großartige Gelegenheit für einen Schauspieler und welch ein Unterschied zu den Figuren, die ich bislang gespielt habe.«

Adolf Wohlbrück über seine Rolle in GASLIGHT
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