Retrospektiven
Margareta Heinrich
Kämpferin mit Kamera
Online 5.2.–18.3.2021
Über Kindheit und Jugend der 1951 im Burgenland geborenen Margareta Heinrich ist nur wenig bekannt, ins Kino soll sie schon damals sehr oft gegangen sein. Als sie mit 19 Jahren nach Wien kommt, arbeitet sie zunächst als Büroangestellte. Erst über ihren damaligen Lebensgefährten, der ihr den Umgang mit einer 16mm-Kamera näherbringt, rutscht sie in die Filmbranche. Sie beginnt ein Volontariat bei einer Produktionsfirma, arbeitet als Assistentin und schreibt sich 1975 an der Filmakademie im Fach Regie ein, als Einzige des Jahrgangs und als eine der Ersten überhaupt. Dort unterrichten ausschließlich Männer. Schon aus der Notwendigkeit, sich behaupten zu müssen, wachsen Margareta Heinrichs Durchsetzungskraft, Stehvermögen und Beharrlichkeit, die auch ihre Arbeiten auszeichnen. Bereits für ihre ersten Kurzfilme, etwa die Ingeborg-Bachmann-Adaption ZWIELICHT, muss sie kämpfen und erntet Ablehnung von jenen, die sie beurteilen, aber Anerkennung auf Festivals und in den Filmclubs, in denen er aufgeführt wird.
In den 1970er-Jahren beginnt langsam, aber sicher der Wind des Widerstands und der Veränderung innerhalb der Gesellschaft zu wehen, es entsteht die Aktion Unabhängiger Frauen (AUF) und, auf die Filmlandschaft gemünzt, die Aktion Filmfrauen, bei der Margareta Heinrich federführend dabei ist: »Ich glaube schon, dass man generell als Frau sehr gut sein muss, um die gleichen Bedingungen zu bekommen wie ein Mann. Man muss viel besser sein.« Ihre Filme verhandeln nicht nur – mal auf spielerische, mal auf ernsthafte Weise – weibliche Rollenbilder, sie erzählen immer auch davon, dass Frauen besonders stark sind, wenn sie zusammenhalten.
Sie ergreift dabei stets Partei für die Schwachen und Unterdrückten, was ihr den Vorwurf einbringt, nicht objektiv zu sein. Als sie Ende der 1970er-Jahre vom Umsturz in Nicaragua erfährt, reist sie mehrfach nach Mittelamerika, um den Neuanfang in einem Land zu dokumentieren, das vier Jahrzehnte lang von einem Diktator missbraucht wurde. Sogar zur parlamentarischen Anfrage seitens der ÖVP bringen es ihre Nicaragua-Filme. Ab Mitte der 1980er-Jahre realisiert sie einige Arbeiten für den ORF, in denen sie sich etwa mit dem Schlankheitswahn auseinandersetzt. Für ihren letzten Film begibt sie, die die Kontinente mit ihrer Kamera bereist hat, sich in die Heimat: Auf Spurensuche nach einem Massengrab aus den letzten Kriegstagen – eine Suche nach ihrer eigenen Identität, vielleicht. Zuhause wie in der Fremde sind Solidarität, Hinschauen und den Mund aufzumachen ihre obersten Gebote. (Florian Widegger)