Retrospective
 

Volker Koepp

Menschen und Landschaften

4.6.–21.6.2024

In einem Zeitraum von über fünf Jahrzehnten hat Volker Koepp über 60 Dokumentarfilme gedreht und zählt zu den wenigen Regisseuren der DEFA, die sich sowohl vor als auch nach dem Ende der DDR 1989 mit einem bedeutenden Œuvre in die internationale Filmgeschichte eingeschrieben haben. Seine Arbeiten sind geprägt von einer Genauigkeit des Blicks, von neugierigem Hinhören und von der Lust an der Begegnung. Klar verortet im ostelbischen Raum zwischen Brandenburg und Ostpreußen bis hinunter zum Schwarzen Meer, verknüpfen sie auf geradezu poetische Weise Gegenwart und Geschichte und haben dabei gerade in den letzten Jahren ungeheuer an Aktualität gewonnen. Die Retrospektive zum 80. Geburtstag Volker Koepps lädt zur Erkundung einer Auswahl seiner wichtigsten Arbeiten ein.


Volker Koepp

Retrospektive vom 4. bis 21. Juni 2024

Kurator

Florian Widegger

Ticketreservierung

reservierung@filmarchiv.at
+43 1 512 18 03 (täglich 14:00–21:00)

Spielort

METRO Kinokulturhaus
Johannesgasse 4, 1010 Wien
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»Einen Film anschauen, das soll sein wie einen Menschen kennenlernen«, schreibt die österreichische Regisseurin Angela Summereder und formuliert damit einen so simplen wie schönen Anspruch, der in den Filmen von Volker Koepp wunderbar eingelöst wird. Vor seiner Kamera finden sich oft Zweifler und Skeptiker, Alltagshelden, die sich für die ihnen entgegengebrachte, bedächtige Aufmerksamkeit bedanken, indem sie von sich zu erzählen beginnen. Fabriksarbeiterinnen und Bergleute, Literaten und Hollywoodstars öffnen sich gleichermaßen, was besonders bei jenen Filmen erstaunt, die bis 1989 in der DDR entstehen. Schon da zeigt sich, dass der Art und Weise, wie seine – vor allem weiblichen – ProtagonistInnen über ihr Leben sprechen und es in Relation zur sie umgebenden, desillusionierenden politischen Realität im Arbeiter- und Bauernstaat reflektieren, ein aufrichtiges Interesse und viel Empathie zugrunde liegt.

 

Koepp, am 22. Juni 1944 in Stettin geboren und aufgewachsen in Ost-Berlin, erlernt zunächst den Beruf des Maschinenschlossers und beginnt 1963 ein Studium an der Technischen Universität Dresden. Zwei Jahre später entscheidet er sich um und studiert ab 1966 an der Deutschen Hochschule für Filmkunst Potsdam-Babelsberg. An Dokumentarfilmen hat er da noch kein Interesse, wohl aber an Politik – und so droht ihm bald auch wegen »ideologischer Verfehlungen« der Rauswurf. Zur »Bewährung« soll er einen Film über die Arbeiterklasse realisieren, mit dem er sich rehabilitiert. Das Interesse an den »einfachen Leuten« ist geblieben, für Propaganda hat Koepp allerdings keinen Nerv. Den trifft eher noch die Literatur, etwa die Gedichte von Johannes Bobrowski (1917–1965), auf die er im Lauf der Jahre in seinen Filmen immer wieder zurückkommt.

 

Nach dem Ende der DDR erweitert er seinen Bewegungsradius, widmet sich aber mit derselben Ernsthaftigkeit den Fragen nach der Verflechtung der Landschaften Osteuropas, in denen sich die schrecklichsten Gräuel des 20. Jahrhunderts abspielten, mit den Biografien der Menschen vor seiner Linse. Es herrscht Kontinuität: Hinter der Kamera ergeben sich lange Arbeitsbeziehungen, etwa mit seinen Kameramännern Christian Lehmann und später Thomas Plenert, während Motive, Gegenden und ProtagonistInnen inzwischen immer wieder in seinen Filmen auftauchen. Mit jedem Neuen scheint Koepp auch seinen Bisherigen etwas hinzuzufügen: eine unglaublich schöne, einfache, berührende Kartografie von Geschichte(n) und Gefühlen. (Florian Widegger)

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